Spitzensport
09.08.2023

49er-Teams pushen sich gegenseitig

(c) Ivan Bulaja

Die beiden österreichischen 49er-Boote starten am Freitag in die Weltmeisterschaft vor Den Haag (NED). Um ein Olympia-Nationenticket für Österreich zu holen, ziehen Benjamin Bildstein/David Hussl und Keanu Prettner/Jakob Flachberger an einem Strang. Im bisherigen Saisonverlauf zeigten schon beide Teams mit Top-Ergebnissen auf.

Vor einem Monat waren Benjamin Bildstein und David Hussl zuletzt im Rennmodus. Bei den Pre-Olympics vor Marseille fielen sie nach durchwegs soliden Leistungen am letzten Fleet-Racing-Tag noch aus den Top-10 und mussten die Regatta vor dem Medal-Race beenden. „Das Niveau bei den Pre-Olympics war sehr hoch und für uns als WM-Vorbereitung enorm wichtig. In den Bereichen Trimm und Bootsspeed haben wir ein paar Dinge ausprobiert, das hat uns sicher bessere Einzelresultate gekostet. Am Ende war es aber nicht das gewünschte Ergebnis. Abgesehen von Kiel (Anm.: Rang drei) verlief die bisherige Saison deutlich unter unseren Erwartungen“, gibt Steuermann Bildstein zu. Vor allem die Materialumstellung in der 49er-Klasse gestaltete sich für die ehemaligen Weltranglistenersten schwierig, sie fühlen sich mit dem neuen Equipment noch nicht ganz wohl. „Gemeinsam mit dem Betreuer*innenstab suchen wir ständig Lösungen. Wir haben zudem viel an unseren Prozessbereichen gearbeitet und sind auf einem guten Weg“, so der Vorarlberger.

Weltmeisterschaft soll Wendepunkt werden
Zuletzt absolvierte das Duo vom Yacht Club Bregenz im belgischen Nieuwpoort noch ein paar Trainingstage, am Wochenende kamen sie schließlich in Den Haag an. Im Vergleich mit vielen anderen 49er-Teams hatten die Olympia-Zehnten von Tokyo 2021 im letzten Monat die meisten hochwertigen Wasserstunden. Viele verbrachten die beiden auch im WM-Revier, das wegen der speziellen Strömung und Welle sehr unberechenbar ist. „Es wird für alle eine große Herausforderung. Wir haben viele Trainings hier abgehalten und uns intensiv mit der Strömung befasst. Wir fühlen uns – auch aufgrund unserer Erfahrung – gut vorbereitet“, erklärt David Hussl. Vor allem beim Bootsspeed sind die beiden noch nicht bei den Top-Teams. Für den Tiroler Vorschoter ist das aber kein entscheidender Nachteil im Rennen um die zehn möglichen Nationentickets im 49er: „Einige andere Teams sind sehr schnell. Um da mitzuhalten, müssen wir uns immer am Maximum bewegen. Wir wissen, dass wir konkurrenzfähig sind und müssen für ein gutes Ergebnis nicht über uns hinauswachsen. Im Segeln kann man nie auf alles vorbereitet sein. Es wird darum gehen, die wichtigsten Dinge richtig zu machen“.

Die beiden 31-Jährigen werden bei den Titelkämpfen an der Nordsee mit ihrem neuen Boot „Paris“ an den Start gehen. Der Auftakt erfolgt am Freitag mit den ersten drei Rennen: „Es wird eine anspruchsvolle Woche, wir sind aber breit aufgestellt. Diese Saison war bislang sehr schwierig. Wir hoffen, dass die Weltmeisterschaft zum Wendepunkt wird und wir unsere gute Trainingsleistung in der Regatta umsetzen können“, gibt sich Bildstein zuversichtlich.

Interner Zusammenhalt
Ein Vorteil im Rennen um die Olympia-Qualifikation könnte auch der Zusammenhalt innerhalb des österreichischen 49er-Teams sein. Bildstein/Hussl tauschen sich nach wie vor eng mit Keanu Prettner und Jakob Flachberger aus, alle verfolgen zunächst das gleiche Ziel. „Es geht in erster Linie um das Nationenticket, das steht aus österreichischer Sicht im Vordergrund. Beide Teams werden vom Verband bestens betreut, sodass wir bis zum letzten Tag das Beste rausholen können“, gibt Hussl Einblicke.

„Österreich im 49er zu qualifizieren, wird sicher nicht leicht werden. Wir probieren uns gegenseitig maximal zu pushen“, bestätigt Prettner, der mit seinem Vorschoter Jakob Flachberger vor knapp zwei Monaten bei der Kieler Woche seine letzte Regatta bestritt. Im Juli absolvierten die Salzburger ein Training am Gardasee – der vorherrschende Starkwind war gewissermaßen eine WM-Einstimmung. Denn zum Auftakt ist mit viel Wind in Den Haag zu rechnen. „Es ist gut, dass wir bei Starkwind an den Manövern gearbeitet haben, die Bedingungen sind aber mit dem WM-Revier in Den Haag nicht zu vergleichen. Hier ist es auch bei wenig Wind sehr ‚tricky‘, das haben wir beim Training gemerkt. Es wird für alle schwierig“, weiß Prettner.

Gute Erinnerungen an die Niederlande
Auch die beiden Athleten vom Union Yachtclub Wolfgangsee versuchten sich während der Trainingsaufenthalte bestmöglich an die Strömung zu gewöhnen. „Beim Start und bei den Bojen-Manövern ist die Strömung außergewöhnlich, das hatten wir noch nie zuvor in unserer Segelkarriere. Man muss sehr viel einberechnen und beim Segeln noch weiter vorausdenken“, berichtet Flachberger, der Einblicke in die Materialwahl gibt: „Seit Jänner haben wir Daten gesammelt – immer mit dem Hintergedanken, dass wir das beste Material für die WM benötigen. Wir haben viel getestet, mussten aber auch früh Material zur Seite legen, um nichts zu riskieren. Wir haben das Setup schließlich bei unserem letzten Aufenthalt in Den Haag gemeinsam mit dem Coach fixiert“.

Prettner/Flachberger haben in diesem Jahr schon bewiesen, dass sie auch im Spitzenfeld mitsegeln können. Bei der Weltcup-Regatta vor Almere/Niederlande belegten sie Anfang Juni den dritten Platz und eroberten damit ihre erste gemeinsame Weltcup-Medaille. „Die Leistungsdichte im 49er ist so groß, es können wahrscheinlich 15 Boote die Regatta gewinnen. Man verfolgt die Konkurrenz ständig, die Konzentration liegt aber ganz auf der eigenen Leistung. Es geht um sehr viel, wir werden die Regatta aber trotzdem wie jede andere angehen. Denn wir sind bestens vorbereitet und freuen uns auf den Auftakt“, fasst Prettner zusammen.

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