03.07.2014

20er-Jollenkreuzer Europacup

Thomas Dohnal war am Neusiedler See eine Klasse für sich

Lokalfavorit Thomas Dohnal holt vor Neusiedl zum ersten Mal den EC-Titel nach Österreich

Gut, besser, Dohnal – so könnte die Kurzbilanz über die Woche der 20R-Jollenkreuzer in Neusiedl am See lauten. Zum vierten Mal in Serie holte sich das Team ehemaliger 470er-Cracks rund um Thomas Dohnal die Österreichische Meisterschaft und zum ersten Mal in der Geschichte ging der Euro Cup nach Österreich.

Sonntag, 15. Juni 2014. Eine Jollenkreuzer-Woche der Extraklasse nimmt im Union Yachtclub Neusiedlersee ihren Anfang. Der Wind – völlig untypisch für den Steppensee – mit Drehern von bis zu 30 Grad und wechselnden Stärken von 4 bis 20 Knoten teilweise im Viertelstundentakt, wird das starke internationale Feld die nächsten Tage beschäftigen und seinen Beitrag  für sehr spannende Wettfahrten leisten. Am Ende werden alle Favoriten mal mehr, mal weniger in die Punkte gegriffen haben.

Schon im Vorfeld der beiden Veranstaltungen gab es die wildesten Spekulationen, wer wohl den Meistertitel und anschließend den Euro Cup mit nach Hause nehmen würde. Der haushohe Favorit aus österreichischer Sicht, Thomas Dohnal, litt seit geraumer Zeit an einem Bandscheibenvorfall und konnte nur eingeschränkt trainieren. Andreas Zethner, die heimische Nummer 2, ließ wiederum weder bei der burgenländischen Landesmeisterschaft (1.) noch beim Bodensee Cup (2.) etwas anbrennen. Und auch der fünffache Olympiateilnehmer und Weltmeister Hans Spitzauer wollte bei der wichtigsten Serie im Jahr nicht auf Platz segeln. Nicht zu vergessen die starken Teams aus Deutschland. Allen voran Christian Friedrich, gefolgt von Jens Magdanz – beide hochdekoriert mit etlichen Meister- und Vizemeistertiteln in der 20R-Klasse. Aber wie stark sind die Deutschen auf Flachwasser mit kurzem Schwert?

Aufschluss über all diese Fragen konnte der erste Wettkampftag jedenfalls noch nicht geben. Zu offensichtlich waren die schwierigen Windverhältnisse und die Annahme, dass es auch in den nächsten Tagen etliche Überraschungen geben wird. Das erste dieser Aha-Erlebnis lieferte beispielsweise Theo Wiala mit Christoph und Dominic Marsano an den Vorschoten gleich in Wettfahrt eins mit einem 2. Platz ab. Der Kreis der Favoriten aufs Podium wurde jedenfalls nicht kleiner.

Erst am zweiten Tag klärte sich das Bild ein wenig. Es entstand ein Zweikampf der vermeintlich stärksten heimischen Teams Dohnal/Ebenhöh/Lachsteiner und Mautner Markhof/Spitzauer/Jettmar um den Platz 1. Dahinter matchte sich Christian Friedrich mit Andi Zethner. Aber auch diese beiden Teams hatten noch Chancen auf den Titel.

Die Entscheidung viel also in den letzten beiden Wettfahrten. Keines der vier Teams vermochte aber die Meisterschaft aufgrund der stärksten Performance für sich zu entscheiden. Thomas Dohnal war am Ende der, der mit einem 6. und einem 3. Rang, weniger bzw. gleich viele Punkte ausfasste, wie die direkte Konkurrenz.

Sieger der vorletzten Wettfahrt wurde übrigens ein 24 Jahre alter 20R, der somit ein interessantes Indiz für die Wertschöpfung und Nachhaltigkeit dieser Klasse ablieferte. Auch wenn hier mit Christian Rinder ebenfalls ein ehemaliger Kadersegler an den Schoten zupfte.

Die erste Hälfte der Veranstaltungswoche war damit absolviert und Dohnal der neue alte Österreichische Meister. Der vierte Titel en suite war zwar ein echter Arbeitssieg, aber wohl beste Motivation für den anstehenden Euro Cup.

Nachdem Mittwoch keine Wettfahrten stattfanden, konnte auch einmal anständig gefeiert werden. Das ist nämlich ebenfalls gute alte Tradition in der 20R-Szene. Die von Hauptsponsor C-QUADRAT unterstützte Seglerparty zum Abschluss der Meisterschaft wird wohl auch in die Geschichtsbücher der Klasse eingehen. Für musikalische Stimmung sorgte der frühere DJ der ehemals berühmt-berüchtigten Neusiedler Disco „Checkpoint“. Für den nötigen Flüssigkeitshaushalt abseits der Tanzfläche das UYCNs-Kantinenteam, das mittels eigener Zapfanlage (hekto-)literweise Gin-Tonic an die dürstenden Segler und Partylöwen ausschenkte. Am nächsten Morgen war wohl jeder froh, dass heute nicht gesegelt wurde und maximal die nötigsten Vorbereitungen für die kommenden Aufgaben getroffen werden mussten.

Aufgrund des spannenden Verlaufs an den vergangenen Wettkampftagen, konnte man auch jetzt durchaus Führungswechsel und strauchelnde Favoriten erwarten. Und so war es auch am ersten Tag. Da lagen die Hochs und Tiefs der 26 angetretenen Teams sehr eng bei einander. Bestes Beispiel dafür wieder einmal Theo Wiala mit einem 18. und einem 1. Platz. Mit ein Grund dafür war sicherlich der weiterhin atypische Wind, der – fast schon symptomatisch für diese beiden Serien – pünktlich auf der Startkreuz von 6 auf 20 Knoten auffrischte.

Aber wie groß die psychischen und physischen Leiden am Ende des Tages auch waren, konnte so mancher Segler bei einer Thaimassage wieder auf Vordermann gebracht werden. Das Team des örtlichen Massagestudios verwandelte nämlich eine Segelhalle des Clubs in einen ayurvedischen Tempel erster Güte. Jeden Tag wurde ein Team gelost, das in den Genuss dieser Heilpraktiken kam. Die anderen konnten zum Spezialpreis Gleiches genießen.

Ob sich Dohnal dort seinen Bandscheibenvorfall behandeln ließ oder nicht, bleibt Spekulation. Jedenfalls waren er und sein Team am nächsten Tag nicht zu stoppen. Drei 1. Plätze sprachen eine deutliche Sprache in Richtung Titel. Die Konkurrenz zerbrach förmlich an dieser starken Performance. Kein anderes Team vermochte hier Paroli zu bieten. Noch am ehesten gelang dies den Deutschen Magdanz und Friedrich, die jeweils 8 Punkte auf ihr Konto verbuchten. Im Gegensatz zu Mautner Markhof und Zethner, die ihre Titelambitionen mit einem 15. bzw. 23. Platz endgültig begraben konnten.

Der letzte Wettkampftag war nur mehr Tag der Entscheidung um Silber und Bronze. Gold war praktisch vergeben. Der fünfte Sieg im sechsten Rennen für den Lokalmatador untermauerte dies eindrucksvoll.  Danach ließ Dohnal anderen den Vortritt, gab sich mit Rang 4 zufrieden und brauchte zur letzten Wettfahrt gar nicht mehr antreten. Diese Gelegenheit nützte Altmeister Johann Gottwald, der in seiner letzten 20R-Saison mit zwei Wettfahrtsiegen noch einmal aufzeigte.

Hinter Dohnal/Ebenhöh/Lachsteiner landete schließlich Friedrich/Göing/Bauer vor Magdanz/Mädicke/Sekura auf dem Podest.

Die Siegerehrung wurde zum emotionalen Höhepunkt der Veranstaltung. Formel-1-like genossen die neuen Titelträger und die Platzierten eine Champagnerdusche und Vorschoter Lachsteiner bedankte sich unter Tränen bei allen, die diesen Sieg ermöglicht haben. „Drei Jahre harte Arbeit für diesen Event im eigenen Club haben sich letztlich gelohnt – der Cup ist zu Hause!“ resümierte Dohnal in kurzen Worten seinen Erfolg.

Eigentlich ist dies schon die beste Bilanz über eine spannende Segelwoche. Abschließend könnte man vielleicht noch erwähnen, dass die Dichte in der 20R-Klasse in den letzten Jahren enorm gestiegen ist. Einst noch etwas abfällig als Altherren-Klasse belächelt, ist sie in letzter Zeit attraktiv für ehemalige heimische Spitzensegler geworden. Die Chance, sich mit ihnen zu messen, weckt wiederum die Ambitionen der anderen. Aber wie heiß es auch am Wasser zugeht, steht letztendlich Freude und Freundschaft an erster Stelle. „Wir sind eine große Familie, die gerne gegeneinander segelt und miteinander feiert“, hört man unisono aus den Mündern sowohl der österreichischen, als auch der deutschen und schweizer Teilnehmer. Ein Spirit, den jeder spüren konnte, der in diesen Tagen im Union Yachtclub Neusiedlersee vorbeischaute.